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Rund um den Kalvarienberg von Roßhaupten
Der Kreuzweg auf den Kalvarieberg (Roßhaupten)

 Am Pestfriedhof stellen wir das Auto ab und gehen den unteren Weg entlang bis zur ersten Kreuzweg Station. Nun führt uns ein sehr gepflegter Weg hinauf auf den Kalvarienberg.

     

     

     

  

Der Kreuzweg befindet sich überwiegend im Wald. Eine sehr schöne Aussicht auf unsere Bergwelt genießen Sie vom Kobus aus.

     

Ergänzung Mai 2006

 

Grabstein im alten Pest- und Ausweichfriedhof von Roßhaupten. Hier wird deutlich, wie platzsparend die Menschen damals geschrieben bzw. getrennt haben: „Alhier liegt begraben Maria Mechilia Spigsin“

Die barocke Wallfahrtskapelle Maria Steinach am Fuß des Kalvarienbergs von Roßhaupten. Sie ist nach Plänen von Johann Jakob Herkomer entstanden

Der „Predigtplatz“ auf der Empore der Kapelle Maria Steinach. Von hier aus konnte der Pfarrer zu den Wallfahrern predigen, wenn sie in der Kapelle keinen Platz mehr fanden.  

Die VII. Kreuzwegstation am Kalvarienberg von Roßhaupten: Jesus fällt zum zweiten Male

Die neugotische Kreuzigungsgruppe am Gipfel des Kalvarienbergs. Sie ist zugleich Ruhestätte der Stifter der Anlage: Familie Geis

 

Die Wälle der alamannischen Höhenbefestigung „Gabis“ oberhalb des Kalvarienbergs

Der Gedenkstein an der Höhenbefestigung „Gabis“ 

 

Das Passionskreuz an einem Bauernhaus in der Füssener Straße in Roßhaupten

Rund um den Kalvarienberg von Roßhaupten

Eine geschichtliche Wanderung in der Fastenzeit

Roßhaupten

Wer sich im Süden von Roßhaupten im Vorfrühling auf Wanderschaft begibt, wird eine Reise durch mehrere Jahrhunderte machen: Vom alten Pestfriedhof geht es über die barocke Wallfahrtskapelle Maria Steinach den Kalvarienberg hinauf. Der lohnende Aussichtspunkt der „Alten Reuthe“ verspricht einen wunderbaren Blick über das Füssener Land auf historischem Boden. Hier befand sich die alamannische Höhenbefestigung „Gabis“, von der man noch zahlreiche Erdwälle erkennen kann. Der Rundweg endet an einem Passionskreuz.

Etwa einen Kilometer südwestlich von Roßhaupten kommt man auf gut beschilderten Wegen (Richtung Kobus) zur ersten Station des Roßhauptener Kalvarienbergs. Gleich nach dem ersten kurzen Anstieg findet man rechter Hand den alten Pest- und Ausweichfriedhof, der zum Verweilen einlädt.

Pestfriedhöfe spiegeln die Angst der Menschen vor Ansteckung wider

Die Pest erreichte 1347 erstmals Europa. Mit der Ausbreitung des Handels im Mittelalter wurden Gewürze und Seide von Asien nach Europa gebracht. In diesen Ladungen befanden sich nicht selten Krankheitserreger. Eine gefährliche, sehr ansteckende Krankheit war die Pest. Durch mangelnde Hygiene und die hohe Ansteckungsgefahr breitete sie sich sehr schnell aus. Häufig waren auch Ratten Überträger der Krankheit. Die Pest begann wie ein gewöhnlicher Schnupfen mit Niesen. Der „Gesundheitswunsch“ beim Niesen stammt aus der Pestzeit, weil man seinem Gegenüber die Pest nicht wünschte.

Bald erkannte man die große Ansteckungsgefahr der Pest, die immer wieder in mehreren Wellen ganz Europa heimsuchte. Man versuchte durch Ausräuchern und Kalkstreuen die Krankheitserreger zu töten. Schon bald wurden Kranke isoliert. Die Pesttoten wurden nicht mehr in den Ortschaften, sondern weit außerhalb bestattet, damit sich die Krankheit nicht weiter ausbreiten konnte. So entstanden Pestfriedhöfe. Während der letzten großen Pestwelle im Dreißigjährigen Krieg (1618-1648) wurde auch in Roßhaupten ein neuer Pestfriedhof angelegt. Leider fehlen aus dieser Zeit die Grabsteine, da die Toten damals schnell begraben wurden. Außerdem fehlte oft das nötige Geld oder es gab keine lebenden Familienangehörigen mehr, so dass kein Grabstein errichtet wurde.

Zwischen 1700 und 1820 wurde der Pestfriedhof als Ausweichfriedhof genutzt, da der Platz zur Bestattung der Toten am Friedhof neben der Pfarrkirche von Roßhaupten zu eng war. Aus dieser Zeit lassen sich 32 Grabsteine bzw. deren Reste erkennen. Auf 14 Grabsteinen kann man die Inschrift oder Teile davon noch lesen. In der Mitte des Friedhofs steht ein Eisenkreuz mit einer Christusfigur aus der Barockzeit.

Wer etwas Zeit hat und sich auf Spurensuche begibt, findet alte Roßhauptener Namen unter den Verstorbenen: Mang Diefenbrugger (ein Nachfahre der Lautenmacherfamilie Tiefenbrugger), eine Teresia aus der „Mangmil“ (Mangmühle), Maria Mechilia Spigsin und Johann Georg Schwarzenbach (Richter des Fürstbischofs von Ausgburg).

Die Wallfahrtskapelle Maria Steinach – ein Werk Johann Jakob Herkomers

Mit der Anlage des Pestfriedhofs war es sicher bald notwendig, eine Kapelle für die Beisetzungsfeier der Verstorbenen am Friedhof zu bauen. Schon um 1650 erbaute Matheis Holl aus Roßhaupten hier eine Kapelle (Maria Heimsuchung). Schon bald erfolgte jedoch ein völliger Neubau nach Plänen Johann Jakob Herkomers, der 1652 in Sameister in der Gemeinde Roßhaupten geboren wurde und mit den Kirchenbauten von St. Mang in Füssen und dem Dom in Innsbruck zu einem der bedeutendsten Baumeistern des Frühbarock zählte. Die Kapelle Maria Steinach (Mariä Heimsuchung geweiht) hat die typischen im Halbkreis dreigeteilten Thermenfenster, die ein Markenzeichen Herkomers sind. Die Kapelle wurde vom Maurermeister Joseph Miller aus Rettenbach nach den Plänen Herkomers gebaut und 1706 vollendet. Der Grundriss der Kapelle ist fast quadratisch.

Der Altar stammt aus der Erbauungszeit (um 1710) und zeigt ein Bild mit der Heimsuchung Mariens. Außerdem befinden sich in der Kapelle interessante Holzfiguren aus dem 18. Jahrhundert. Die Kapelle war ein beliebter Wallfahrtsort und birgt eine Besonderheit. Auf der Empore im Inneren ist in der Mitte die Mauer sehr dünn. Das Fenster darüber lässt sich öffnen. Von hier aus konnte der Priester auf die Wallfahrer von oben herunten predigen, wenn so viele Menschen kamen, dass sie in der Kapelle keinen Platz mehr fanden. Die Wallfahrt zu dieser Kapelle hat seit dem ausgehenden 19. Jahrhundert jedoch stark abgenommen. In den drei Tagen vor Christi Himmelfahrt zieht die Pfarrgemeinde Roßhaupten jedoch noch heute zu einem Bittgang zur Kapelle, um den Segen für Feld und Flur herabzurufen.

Der Kalvarienberg von Roßhaupten

Nach diesen beiden interessanten Pausen, die uns zum Verweilen eingeladen haben, machen wir uns weiter auf den Weg über die 14 Kreuzwegstationen zum Gipfel des Kalvarienbergs. Dort oben wurde in der Mitte des 19. Jahrhunderts eine neugotische Kreuzigungsgruppe angelegt, die auf zwei Platten an die Stifter erinnert, die hier ihre letzte Ruhe gefunden haben: „Ruhestätte der Familie Geis – Dr. Benedikt Geis – geb. den 12. November 1808 – gest. den 31. Dezember 1872“ und „Johanna Geis – geb. Falger – geb. den 22. Jänner 1809 – gest. den 20. Nov. 1880“.

Am Ende des 19. Jahrhunderts entstand bei einigen Bewohnern von Roßhaupten die Idee, zu dieser Kreuzigungsgruppe einen Kalvarienberg mit 14 Stationen anzulegen. Das Ehepaar Anastasia und Michael Eiband und Josef Augustin Sander, der damalige Pfarrer von Roßhaupten, legten eine Stiftung an, um die Grundstücke für die Weganlage zu kaufen. Der Übergabevertrag wurde am 12. Mai 1908 abgeschlossen. Zugleich wurden die 14 Stationstafeln errichtet. Sie wurden in einer Eisengießerei am Achensee/Tirol entworfen und gegossen. Diese Tafeln führen uns die Geschehnisse der Osterzeit in Jerusalem vor 2000 Jahren vor Augen und laden uns zum Gebet ein. Mit etwas Glück findet man sogar neben dem Weg erste Frühlingsboten wie den Seidelbast, der unter Naturschutz steht.

Der lohnende Gipfel – die alamannische Höhenbefestigung Gabis

Vom Gipfel des Kalvarienbergs führt uns der Weg nun endlich aus dem Wald heraus und wir besteigen den höchsten Punkt, den man in nur wenigen Minuten erreicht. Belohnt wird man mit einem herrlichen Blick über das Allgäuer Voralpenland.

Roßhaupten war alamannisches Siedlungsgebiet, wie es Grabfunde von 1913, 1959, 1968 und 1993 belegen, die jetzt teilweise im Dorfmuseum von Roßhaupten zu besichtigen sind. Die Alamannen mussten sich jedoch nach 500 immer wieder mit den Franken auseinander setzen. Zum Schutz vor den Eindringlingen wurden deshalb Befestigungsanlagen errichtet. Leider ist von den Bauten nichts erhalten, da sie aus Holz errichtet wurden. Doch lassen sich auf diesem Höhenrücken oberhalb des Kalvarienbergs Erdwälle erkennen. Der Name „Ghawes“ oder „Gabis“ bedeutet „kahlgeschlagen, abgeholzt“. Der alte Flurname dieses Hügels, „alte Reuthe“, bedeutet etwa das Gleiche.

Es ist eine Erdburg ohne Mauerreste. Der Inneraum ist 86 Meter lang. Die Nordseite fällt steil ab. An der Südseite sind zwei Wälle mit einem Graben zu erkennen. Die Inschrift auf dem Gedenkstein lautet: „Höhenbefestigung ‚Gabis’ wohl aus der Zeit der alemannisch-fränkischen Auseinandersetzungen 7./8. Jhd. n. Chr.“

Diese Höhenbefestigung diente den im heutigen Ortskern von Roßhaupten siedenden Alamannen als Zuflucht für Mensch und Tier, wenn ein Feind anrückte. In Friedenszeiten verarbeiteten sie Eisen in Rennöfen und stellten Roheisen her.

Ein Passionskreuz – Erinnerung an die Leiden Christi

Folgt man nun dem Rücken der Erhebung Richtung Osten, so fällt der Weg langsam ab. An der neu errichteten Magnuskapelle (1956 mit dem Bau des Forggensees hier errichtet) kehrt man auf der Füssener Straße wieder zur Ortsmitte von Roßhaupten zurück. Am östlichen Dorfeingang befindet sich ein Bauernhaus mit einem großen Passionskreuz. Nur noch selten sind im Allgäu solche Passionskreuze zu finden, die die Leidenswerkzeuge Jesu bei seiner Folterung zeigen. Dieses Kreuz wurde am Ende des 19. Jahrhunderts errichtet und ist ein weiteres Beispiel dafür, wie die Menschen sich die Passion Jesu zu veranschaulichen versuchten.

Text und die letzten 8 Bilder: Klaus Wankmiller

Nach Füssen fahren wir gerne die geschwungene Straße über Ussenburg.

Siehe auch den Beichelsteinrundweg, Weg Nordseite und Südseite zum Buch

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